wohlverdienter Boykott vor Ort
der Fahrradladen
Derzeit befinde ich mich auf der wenig engagierten Suche nach einem Fahrrad. Die Existenz meines aktuellen Fahrrades reduziert die Dringlichkeit der Suche.
Jedenfalls hielt ich spontan in diesem Fahrradladen, beguckte mir die gebrauchten Fahrräder vorm Laden und erkundigte mich dann drinnen, ob sie noch weitere Fahrräder hätten; draussen hätte ich einige interessante Sachen gesehen, die seien aber zu groß gewesen.
Ja, ich hätte bestimmt das Motobecane gesehen. Hatte ich nicht - zunächst nahm ich an, der Mann sei verwirrt und wolle mir mein eigenes Rad anbieten. Ach so, naja, aber die anderen seien gar nicht so groß, die stünden auf Ständern.
Das hatte ich durchaus wahrgenommen, trotzdem waren sie zu groß. Da man mir nicht glaubte, gingen wir hinaus (bislang wussten die Fahrradmokel immer schon auf Anhieb, dass mein aktuelles Fahrrad mir etwas zu groß ist und mussten mich dafür gar nicht auf dem edlen Gefährt sehen), man zeigte mir die Ständer (die ich schon gesehen hatte) und behauptete, die Räder seien nur wenig größer als meines und seien daher sicher noch ausreichend klein...
Wie erwähnt, mein Fahrrad ist mir zu groß, so sehr, dass ich im besten Fall mit Winterschuhen über der Stange stehen kann. Der Mann hat ganz offensichtlich keinen Blick für Fahrradgrößen.
Das erwähnte Motobecane hatte ich nicht gesehen, da es einen Damenrahmen hatte. Meiner Erklärung, dass solche Rahmen für mich absolut nicht in Frage kämen, da die anderen stabiler seien und in meinen Augen auch eleganter, wurde zugestimmt. Und als ich erfuhr, dass immer wieder andere Gebrauchträder reinkämen, beschrieb ich das gesuchte Fahrrad: Schutzblech, Gepäckträger, Nabendynamo, schmaler (Stahl)rahmen mit Oberrohr, vorzugsweise Richtung Rennrad, wenn auch mit geradem Lenker.
Kaum hatte der Ladenbesitzer (einige Tage später erfuhr ich, dass er genau das war) meine Beschreibung gehört, fiel ihm ein, dass er genau das richtige für mich in Aussicht habe: Ein Koga-Miyata mit allem, was ich haben wollte, nur die Größe wisse er nicht so genau. Ich solle doch am nächsten Tag anrufen, dann wisse er mehr und habe es vielleicht auch schon.
Dem war nicht so und als ich am übernächsten Tag in Begleitung eines Freundes vorbeikam, stürzte der Ladenbesitzer sich auf ihn, da er gerade zwei große Fahrräder auf dem Fahrradträger hatte, die meiner hochgewachsenen Begleitung passen könnten. Dann wurde ihm viel über technische Entwicklung und Komponenten erzählt, wobei die Versuche meines Freundes, mich miteinzubinden konsequent ignoriert wurden.
Da er keines der Räder haben wollte, erinnerte sich der Typ an die 2 Kogas eines Paares, die auf Elektroräder umsteigen wollten, die er in Aussicht habe. Ja, die habe er mir ja bereits angeboten, erwiderte mein Freund. Unwillig wandte der Ladenbesitzer mir kurz seine Aufmerksamkeit zu und erinnerte sich, dass er die Rahmengröße hatte herausfinden wollen. Dann erklärte er meinem Begleiter, dass das Herrenrad sehr groß und daher vielleicht in seiner Größe sei...
Mit seinem Chauvinismus, der mindestens auf dem Niveau eines Klischeeautomechanikers liegt und seinem unermeßlich großen Desinteresse an den Wünschen seiner Kunden bzw. v.a. Kundinnen hat er absolut sichergestellt, dass wir dort kein Fahrrad, nicht mal ein Fahrradteil kaufen werden und alles tun werden, um auch andere Leute davor zu bewahren.
Es gibt Läden, die ich aus dringlicheren und Läden, die ich aus anderen Gründen boykottiere, verdient haben sie es aber alle.
Da ist der Schreibwarenladen in der Altstadt, in dem die gläseren Bedientheke demonstrativ mit dem Glasreiniger besprüht wird, kaum dass der studentische Kunde die Hand gehoben hat (wohlsituierten Kunden gegenüber würde man ein solches Verhalten niemals wagen).
Oder die Konditorei, in der geistig oder körperlich behinderte Menschen (tut mir leid, ich kann mir nie merken, wie das gerade p.c. heißt) im besten Falle schlecht bedient werden, da man davon ausgeht, die übrigen Gäste, v.a. die finanziell gutgestellten älteren Damen fühlten sich durch ihren Anblick gestört.
Das Gegenteil weiß ich hingegen zu berichten vom Bang & Olufsen-Laden in Basel: Eine Freundin und ich trieben uns im Alter von vielleicht 12 bis 14 Jahren mit vor Staunen großen Augen durch den Laden. Ganz offensichtlich waren wir (noch) nicht in der Lage, hier einzukaufen. Wir wurden trotzdem freundlich behandelt und nicht demonstrativ auf Schritt und Tritt verfolgt aus Sorge, die Kinder könnten was zerstören. Hier war offenbar das "noch nicht" wichtig und ich habe es bis heute nicht vergessen, auch wenn es schon sehr lange her ist.
Ähnliches wusste ein Freund von einem hiesigen Herrenausstatter zu berichten, den es leider nicht mehr gibt. Betrat man den Laden im Kapuzenpulli wurde man dennoch als vollwertiger Kunde behandelt, was ja auch vernünftig war. Ganz offensichtlich fehlte diesem potentiellen Kunden genau die Kleidung, die in diesem Laden angeboten wurde und er möchte das gerade ändern und er wird seine Anzüge lieber woanders kaufen, wenn er hier von oben herab behandelt wird.
am 23. August 13
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